KÖRPERSCHÖNHEIT
IM 'HOHEN LIED'
3. KÖRPERSCHÖNHEIT IM 'HOHEN LIED'
Das Muster der gerade dargestellten personarum descriptio a
corpore finden wir jedoch auch in von der dargelegten abendländischen
Rhetorik-Tradition völlig unbeeinflussten Texten anderer Kulturkreise. Auf die
abendländische Kultur hat hieraus in starkem Maß das Hohe Lied gewirkt. Die
Tradierung des HL durch die Jahrhunderte ist in vielen Kommentaren zum Alten
Testament gut aufgearbeitet, und auch die Probleme um die unterschiedlichen
Auslegungstypen (allegorisch, typologisch, mythologisch-kultisch, dramatisch und
"buchstäblich") und den Vertretern dieser Deutungsmöglichkeiten sind
weitestgehend geklärt und namhaft gemacht worden.
Die zumeist als älteste, ursprüngliche Verstehensweise des HL
bezeichnete, die auch während der Dominanz v.a. der allegorischen Deutung im
späten Judentum und - unter anderen Vorzeichen - im christlichen Mittelalter
nie ganz verdrängt wurde, ist die "buchstäbliche", auf den
natürlichen Literarsinn profan-erotischer Erklärung zielende. Sie hat sich
seit der Übersetzung durch Opitz und die eingehende Beschäftigung Herders
langsam aber stetig in der protestantischen, in neuerer Zeit auch katholischen
Theologie durchgesetzt. Selbstverständlich ist im Mittelalter die allegorische,
auf das Verhältnis Christus : Maria/Kirche/Einzelseele abzielende Deutung
allmächtig. Die Art und Weise, wie das HL jedoch auf die lat. Liebesdichtung
gewirkt hat und wie es in manchen HL-Bearbeitungen auftaucht - wir werden darauf
weiter unten noch zurückkommen müssen - zeigt, dass ein profan-erotischer
Gebrauch keineswegs unüblich war.
Das HL besteht - und dies darf heute als opinio communis
bezeichnet werden - aus einer Reihe von Einzelliedern, die erst spät in ihre
uns heute vorliegende Folge gebracht wurden. Im einzelnen ist es auch für den
Alttestamentler heute nicht mehr möglich, den Gesamtbestand der Texte in eine
nach metrisch-rhythmischen oder inhaltlichen Grundsätzen geordnete Reihenfolge
zu bringen oder vollständige Einzellieder herauszuschälen. Einzelne Abschnitte
lassen sich jedoch sehr wohl voneinander scheiden, nur ihr Zusammenhang, bzw.
ihre Ordnung ist fraglich. "Die Bruchstückhaftigkeit vieler Abschnitte des
HL.s sowie die ziemlich zahlreichen Dubletten lassen vermuten, dass wir die
Lieder nicht in ihrer ursprünglichen Gestalt vor uns haben. Es handelt sich
vielmehr z.T. um sog. zersungene Lieder, z.T. sogar um bewusst umgearbeitete
Gesänge, die in typisch semitischer Weise ohne klare Disposition
zusammengestellt wurden. Die ursprüngliche Bedeutung der Lieder dürfte also
zur Zeit der Aufnahme in den Kanon bereits vergessen gewesen sein, obgleich eine
zeitliche Beziehung zum Frühling (und damit zum Passah-Fest) wohl bestanden
haben könnte." Da sich einerseits die "ursprüngliche Gestalt"
der Lieder nicht herstellen lässt, die fragmentarischen Reste der Lieder sich
jedoch nach Strophenbau und stilkritischen Elementen wie refrainartigen
Wiederholungen sowie Gattungseinordnungen u.ä. in die unterschiedlichsten
Reihungen bringen lassen, sei hier ein Versuch gewagt. Im HL finden sich an
vielen Stellen Lobpreisungen der Schönheit der beiden Liebenden, wobei die
Schönheit der Frau im Vordergrund steht. Diese können im emphatischen Benennen
des pauschalen Schön-Seins, in Vergleichen, im Ansprechen von teilweise
metaphernreich ausgeschmückten Körperteilen oder in Kombinationen der
genannten Möglichkeiten erfolgen; ja selbst die schöne Umgebung kann zur
Erhöhung des Schönheitslobs mit herangezogen werden. Gleich zu Beginn in HL
1,8-2,3 sind alle diese Faktoren in einer Wechselrede der Liebenden im Übermaß
vorgestellt. Zu Partien vollständiger Beschreibungslieder verdichten sich diese
Möglichkeiten des Schönheitspreises an vier Stellen des HL: HL 4,1-7; HL
5,10-16; HL 6,4-7 und HL 7,2-8; wobei die jeweils umgebenden Texte mehr oder
weniger stark in den Beschreibungskontext gehören. HL 6,4-7 ist hierbei
teilweise knapp erweiterte, teilweise verkürzte Wiederaufnahme der
Kopfbeschreibung von HL 4,1-3, deren Funktion wir im Rahmen der folgenden
Gesamtinterpretation unseres HL-'Frühlingszyklus' erörtern müssen. Die drei
anderen Beschreibungspassagen schwingen refrainartig aus, sie verweisen mit den
Parallelen HL 4,6 : HL 2,17 und HL 6,3/7,11 : HL 2,16 auf die Frühlingspassage
HL 2,10-17. Es ergibt sich durch Reihung der angesprochenen Versfolgen ein in
sich geschlossener Zyklus von 4 Liedern:
I. HL 2,10-17 Frühlingseingang
II. HL 4,1 -7 Frauenbeschreibung
III. HL 5,10-6,3 Männerbeschreibung
IV. HL 6,4 -7 Frauenkopf- und
+ HL 7,1 -11 Frauenbeschreibung
Ich bezeichne dieses Konstrukt nach seinem Einleitungslied als
HL-'Frühlingszyklus'. Es soll einerseits die Folie abgeben für die feinen
Unterschiede zwischen der übergeordneten personarum descriptio a corpore
und der spezifischen Beschreibung der körperlichen Frauenschönheit, die im
folgenden Kapitel als Topos puella bella definiert wird. Es soll
andererseits neben der erörterten Rhetorik-Tradition eine weitere Möglichkeit
der Herkunft mal. volkssprachlicher Frauenbeschreibunden aufzeigen.
Doch nun zu unserem HL-'Frühlingszyklus'. Keel meint auf alle
im HL kompilierten Lieder bezogen: "Es wird schwierig sein, die
Konnotationen und Assoziationen, die sich bei den Dichtern und ersten Hörern
und Lesern dieser Liebeslieder einstellen, mit Sicherheit zu benennen." Wir
wollen daher den Zyklus hier nicht vor dem Horizont seiner palästinischen
Entstehungszeit betrachten, hierzu haben die neuzeitlichen Kommentatoren und
für die uns interessierenden Partien v.a. Keel viel Material an die Hand
gegeben. Vor dem neuzeitlichen Verstehenshorizont, mit Blick auf die im
Mittelalter v.a. in der Minnelyrik gängigen Topoi, Motive, Metaphern,
Liedstrukturen etc. soll eine Annäherung versucht werden.
Hierbei ist leitmotivisch die Nähe zwischen den Liedern des HL
und der Minnelyrik in den Vordergrund zu rücken. Die Lieder des HL
"bringen ganz einfach den Wert und die Bedeutung der Geliebten und des
Geliebten zum Ausdruck, die Sehnsucht der beiden nach Vereinigung, das Glück
des Beisammenseins und den Schmerz der Trennung. Dabei ist die Betroffenheit
total. Man möchte immer und ausschließlich (allein) beisammen sein, ahnt aber
gleichzeitig, daß das nicht möglich ist." Zwar ist die Art, wie Mann und
Frau beinahe gleichberechtigt, zumindest partnerschaftlich miteinander im HL
verkehren, der Minnelyrik weitestgehend wesensfremd; aber wenn wir die rein
männliche Betrachtungsweise des Liebesverhältnisses in der Minnelyrik als
wesentlich erachten, so fällt ein männlicher Blickwinkel im
HL-'Frühlingszyklus' und v.a. bei den Körperbeschreibungen auch auf. Erstens
sind zwei der drei Beschreibungen Frauenbeschreibungen; zweitens wird uns die
Frau variantenreicher, mit einer größeren Zahl und v.a. unter Einschluss
eindeutig erotisch-sexuell konnotierter Körperteile vorgestellt; drittens sind
die Frauenbeschreibungen wesentlich dynamischer als die des Mannes, die
statisch, lebensfern, wie die Darstellung eines goldglänzenden Kunstwerks oder
einer Götterstatue wirkt. Die männliche Sichtweise wird noch dadurch
unterstrichen, dass die Frauenbeschreibungen als direkte Anreden, die
Beschreibung des Mannes jedoch in der 3.Person erfolgen. Es ist auch nicht zu
übersehen, dass bei der Frau die Schönheit wesentlich wichtiger ist als beim
Mann; ein Faktum, das auch für die oben dargestellten mal. Rhetoriken wie auch
für die mhd. Lyrik und Epik bestimmend ist.
Der HL-'Frühlingszyklus', der in seinem Aufbau insgesamt einem
Wechsel mit dialogischen Einschüben gleicht, beginnt in Lied I mit einem den
Frühling ankündigenden Natureingang, der alle Versatzstücke des locus
amoenus aufweist, beides in der mhd. Lyrik gängige Gedichtanfänge bzw.
Topoi. Der Geliebte bettet die Frühlingsschilderung in einen mehrfachen Anruf
der Schönheit der Freundin und Aufruf, zu ihm zu kommen, den lieblichen Anblick
schauen und die süße Stimme hören zu lassen. Es folgt diesem Frühlingsbild
der stets von der Geliebten ausgesprochene, an das oben zitierte Dû bist
mîn, ich bin dîn fast wörtlich erinnernde erste Refrain (HL 2,16) sowie
der zweite Refrain (HL 2,17), der mit seiner Tagelied-Motivik und seinen
Naturbildern, die erst beim zweiten Auftauchen (HL 4,6) - diesmal aus dem Mund
des Mannes - profan entschlüsselt werden können, wiederum auf die mhd. Lyrik
hinweist.
Lied II bringt nach einem Schönheitspostulat mit
bekräftigender Wiederholung eine Frauenbeschreibung vom Kopf abwärts, wobei
die zugehörigen Vergleichsobjekte, die größtenteils zum gängigen Repertoire
der altägyptischen und palästinischen Liebeslyrik zählen, auf die
geographische, historische und kulturelle Provenienz verweisen:
Nach dieser Körperbeschreibung von Kopf bis Fuß folgt noch der
Hinweis auf die ganze Gestalt und auf die Süßigkeit des Gaumens, womit sowohl
der Kuss als auch das Sprechen assoziiert werden können.
Die Körperbeschreibung des Mannes ist weitaus realitätsferner,
statischer als die der Frau. Man hat weniger den Eindruck einer Person aus
Fleisch und Blut als den der Vergegenwärtigung eines kostbaren
Götterstandbildes. Interessanterweise spielt die 'Schönheit' des Mannes nicht
die Hauptrolle, schon das einleitende HL 5,10b "ausgezeichnet vor
zehntausend" wie das beendende HL 5,16a "und er ist ganz und gar
Wonne" weisen neben den Vergleichsspendern darauf hin, dass der Wert des
Mannes vor seiner Schönheit rangiert. Hier sehen wir einen immer wieder
beobachteten, fundamentalen Unterschied zwischen der Beschreibung eines Mannes
und einer Frau, der durch die folgende Frauenbeschreibung noch unterstrichen
wird: Obwohl die Abfolge der beschriebenen Körperteile sich ähneln, stehen bei
der Frauenbeschreibung die Schönheit sowie bei der Auswahl das Spiel mit Nennen
oder bewusstem Verschweigen eindeutig sexuell-erotisch konnotierter Körperteile
bzw. -regionen im Vordergrund.
Lied III schwingt - bei Ausklammerung der entbehrlichen, nur im
dramatischen Handlungskontext der HL-Liederkompilation notwendigen Frage HL 6,1
(der Funktion der mhd. merkaere vergleichbar) - in dem zweiten Refrain
entnommenen Bildern und dem Schlusspunkt im ersten Refrain aus, der zugleich die
Verbindung zu den Liedern I und IV herstellt. Was beim ersten Auftauchen dieses
Refrains HL 2,16b "der unter Lilien weidet" noch unklar scheint, was
in Lied II - HL 4,5b "weidend unter Lilien" - wohl in Verbindung mit
HL 4,6 gesehen werden muss und in der Abfolge 'Brüste - Lilien? -
Myrrhenberg/Weihrauchhügel' eine erotische Assoziationskette bringt, wird in
Lied III in eine Reihung 'Balsambeete/Weiden in Gärten - Lilien pflücken'
gebracht und in der Bekräftigung des ersten Refrains des gegenseitigen
Gehörens der Geliebten und des Geliebten, "der unter Lilien weidet",
in eine eindeutig erotische Sphäre gehoben. Wie in den hier nicht zitierten
Versen HL 4,12-5,1 - die Geliebte wird als locus amoenus mit einer Anzahl
kostbarer und schmackhafter Gewächse (darunter Myrrhen, Weihrauch und Balsam)
beschrieben, und der Geschlechtsakt als Pflücken, Essen und Trinken der
gebotenen Kostbarkeiten dargestellt - sind Garten, Balsambeete und das Pflücken
der Lilien wohl auch hier eindeutig konnotiert.
Lied IV ist auch in der überlieferten HL-Kompilation direkt
hinter Lied III eingefügt, wobei wir die Einschübe HL 6,8f und HL 6,10-12
sowie den Nachsatz HL 6,4b als dramatisierende Elemente ausscheiden. Das Lied,
als Kombination der reinen Beschreibungsteile des 6. und 7.HL-Kap., bringt nach
dem einleitenden HL 6,4a "Schön bist du, meine Freundin", das einen
direkten Verweis auf Lied II/HL 4,1 darstellt, eine revocatio des Mannes.
Die Augen der Geliebten als erotisch-sexueller Stimulus, die auch beim ersten
Beschreiben HL 4,1 die Aufzählung beginnen, sind nun nicht mehr als Tauben
versinnbildlicht, sondern erschrecken, verwirren den Mann. Sie tanzt in seiner
Vorstellung wohl schon (HL 7,1) und das Blitzen ihrer Augen bringt wohl eher ihn
zum Abwenden als sie, und er wiederholt memorierend die schon in Lied II, HL
4,1-3 erfolgte Kopfbeschreibung; nun verkürzt, auf Haar, Zähne und Schläfe
beschränkt. Damit ist letztlich wieder das ganze Bild von Lied II
vergegenwärtigt und zugleich der Verwirrung/Erregung entgegengewirkt.
HL 7,1 wirft Schwierigkeiten auf. Wer spricht in HL 7,1a, wer in
b? Aus dem Handlungskontext der HL-Kompilation ergibt sich im Anschluss an HL
6,12 die Möglichkeit, dies sei ein "neckischer Zuruf an das Mädchen"
durch den zuvor erwähnten Amminadib und sein Gefolge. Aber der Anschluss ist
nicht eindeutig, da HL 6,12, in welchem die von allen Kommentatoren
unterschiedlich gedeuteten "Wagen des Amminadib" erscheinen, als der
"schwierigste Vers des HL" bezeichnet werden kann. Ich werde diesem
Problem nicht weiter nachgehen; ich trenne HL 7,1 vom davor liegenden Text und
nehme ihn als auktorialen Einschub, in welchem die Aufforderung der geilen
Gaffer an das Mädchen durch den Sänger zurückgewiesen wird. "In der
letzten Zeile spricht wieder eine andere Stimme, die in einem rügenden Ton die
spaßhaften Worte [...] beantwortet. Es schickt sich nicht, das unschuldvolle
Mädchen mit frivolen Blicken anzugaffen, als wäre sie eine freche
Lagertänzerin. Wer ist der anonyme Sprecher? Vielleicht der gewöhnliche
männliche Gegenspieler, d.h. der Jüngling. Natürlicher scheint aber, die
Worte als einen Dichterspruch aufzufassen. Die Person des Erzählers tritt für
einen Augenblick auf die Bühne und spricht in das Geschehen hinein."
Gerleman geht über weite Strecken von einer dramatischen Handlung des HL aus,
so auch hier. Nehmen wir die Stelle im Rahmen unseres konstruierten
HL-'Frühlingszyklus', so ergibt sich ein fiktiver Zuruf der Zuhörer/-schauer,
den der Autor/Sänger einerseits protestierend zurückweist, den er aber
andererseits zum Anlass der neuerlichen Körperbeschreibung nimmt. Anders als
bei der ersten Beschreibung, bei der die Abfolge in der natürlichen Blickhöhe
des Kopfes beginnt und anatomisch nach unten fortschreitet, ist hier der
umgekehrte Gang beschritten. Angeregt durch den imaginierten Tanz fällt der
fiktive Blick zunächst auf die schönen Schritte/Füße in den Sandalen. Das
eigentliche Beschreibungslied geht dann von HL 7,2-7,6, woran sich ein Werbelied
mit Früchte-Metaphorik anschließt (HL 7,7-7,10), das sexuell-erotisch
konnotiert den Gesamtwuchs sowie die Brüste, den Atem und den Gaumen besingt.
Nachdem er am Ende dieser ausführlichsten Beschreibung zum
Ausdruck gebracht hat, daß er/ein König sich in den Flechten des Haares
verfangen hat, d.h. letzlich in den Netzen ihrer Schönheit, kommt der Autor zu
einer die Statik des Lobs des Mannes in HL 5,15b/16a realistischer und breiter
ausdeutenden Werbung um die auch körperliche Zuwendung der Frau. Wo Lied III
den Anblick des Mannes knapp mit Zedern umschreibt, die Süßigkeit seines
Gaumens/Kusses und seine vollständige Wonne anspricht, setzt die Werbung mit
der in Lied I/HL 2,10 "meine Schöne" : HL 2,14b "dein Anblick
lieblich" beginnenden, in Lied II/HL 4,1 "Du bist schön [...] ja, du
bist schön" : HL 4,7 "Ganz und gar bist du schön [...] und kein
Makel ist an dir" gesteigerten Lied-Umklammerung in höchster Emphase ein.
Die Umklammerung von Lied III wird, nach dem retardierend eingeschobenen Lied
III, in HL 6,4 mit "Schön bist du" begonnen und nach der revocatio
in HL 6,5a und dem langsamen, durch die vorgestellte Tanzsituation
unterstützten Aufbau erotischer Spannung ekstatisch in der Werbung HL 7,7
"Wie schön bist du und wie lieblich [...]" geschlossen. Der Wuchs der
"Wonnevollen" gleicht einer (Dattel-)Palme, die bestiegen, nach deren
Rispen (Brüsten/Haaren?) gegriffen werden soll; Weintrauben, nicht mehr
Gazellenzwillinge, sind nun die Brüste; der Atem schmeckt nach Äpfeln und der
Gaumen/Kuss nach Wein - die zweimal erwähnten Trauben/Brüste im gekelterten
Endprodukt zusammengefasst. Welch herrliche Liebeswerbung!
Die ekstatische Spannung bleibt erhalten, schwingt über das
Ende des HL-'Frühlingszyklus' hinaus, wenn die Angebetete, Umworbene ihr
"Ja" in der gewandelten Wiederaufnahme des ersten Refrains ausruft. Wo
in Lied I/HL 2,16 noch die Abfolge er ist mein : ich bin sein, in Lied
III/HL 6,3 ich bin sein : er ist mein mit dem unter Lilien weiden
kombiniert auftaucht, wird der HL-'Frühlingszyklus' beendet mit der völligen
Hingabebereitschaft und dem Wissen, dass das Angebot des Lilien-/Blumenbrechens
alle Sinne des Geliebten gespannt hat: HL 7,11 ich bin sein und ihn verlangt
nach mir.
Ich breche hier meine Interpretation des HL-'Frühlingszyklus'
ab. Er ist ein Konstrukt, ein Versuch, durch inhaltlich-thematische
Übereinstimmungen, wörtliche Parallelen und Überlegungen zur zyklischen
Struktur, vier durch alle Kommentatoren als Liedeinheiten verstandene Passagen
in der Reihenfolge ihrer Einarbeitung in die tradierte HL-Kompilation
herauszuschälen. Die drei Passagen mit den Körperbeschreibungs-Liedern fügen
sich v.a. durch die Refrainbindungen wie auch von der gesamten lyrischen
Grundstimmung her an den Frühlingspreis an. Gegen die hier vorgestellte Reihung
mag manches eingewendet werden; fest steht auf alle Fälle, dass die
Schönheitspreisungen des weiblichen Körpers im HL in der gesamten im Abendland
rezipierten Liebesdichtung eine herausragende Rolle einnehmen.
Dass das HL im MA den meistglossierten Bibeltext darstellt, der
auch früh schon - in Willirams von Ebersberg Paraphrase - eine deutsche,
volkssprachige Ausprägung erhielt, und dessen allegorische und typologische
Kommentierung sowohl überwiegend in der Bildungssprache Latein als auch in
allen volkssprachigen Idiomen während des ganzen MAs nie abbrach, ist
unbestritten. Weniger aufgearbeitet ist der Einfluss des HL auf die profane
Literatur des MAs, und nur unter der Voraussetzung eines solchen Einflusses sind
ja die Beschreibungslieder des HL für die Erklärung der Muster von
Körperbeschreibungen in mhd. Lyrik heranzuziehen. Drei Indizien weisen m.E.
eindeutig in diese Richtung.
Da wäre zum ersten auf die Einflüsse des HL auf die geistliche
Dichtung und deren Wirkung auf den Minnesang hinzuweisen. Sowohl die Mystik als
auch, eng damit verbunden, die Mariendichtung saugen viele Einzelheiten ihrer
Bildwelt aus einer allegorischen HL-Deutung; diese Bildwelt hatte auf diesem
Umweg großen Einfluss auf die Minnelyrik.
Zum zweiten wären die an profanen Gebrauch anklingenden
HL-Adaptionen in den 'Historienbibeln' und im berichtenden I.Hauptteil des
'Hohen Liedes' Bruns von Schönbeck zu nennen. Die 'Minnelieder' des HL in
einigen Hss der 'Historienbibeln' sind im Gegensatz zum sonstigen Text in
Versform, "um dem Laienpublikum deutlich zu machen, dass zwischen dem
erotischen Literalsinn und der übrigen 'Wahrheit', die mit der Prosaform
unterstrichen wird, unterschieden werden muss." Die von der
"ursprünglich" auf Maria bezogenen allegorischen Deutung des HL
abgeleiteten profan-erotische unterstreicht auch der Nachsatz in den
'Historienbibeln': "Salomon machet der minne buoch des ersten von unser
frowen [Hs.X: von der muter gotz der jungkfrow Maria]. darnach do er die
haidinen lieb gewan do leit ers uff sy. Man findt aber geschriben das er so
groß ruw vor sinem tod gewan und darúber hett daz er sich mit gertten hieß
schlachen." Der letzte Satz dieses Zitats darf als Warnung vor den Folgen
der Sexualität und damit auch des profanen Gebrauchs des HL gewertet werden -
mithin lag dieser wohl nahe.
Die 'Historienbibeln' bringen das HL versifiziert in
ungleichlangen Strophen/Liedern und in anderer Reihung, aber doch eng am
'Original'; die Entstehungszeit und Aufnahmebedingungen der von Herder als
"Minnelieder" bezeichneten HL-Strophen sind nicht mehr exakt
nachvollziehbar. Im Gegensatz dazu ist Brun von Schönbecks Wirken relativ
sicher ins dritte Viertel des 13.Jhs zu datieren. In seinem 'Hohen Lied', das
eine breite und lange andauernde Resonanz fand, wird nach kurzer Einleitung
(V.1-61) zunächst in zwei Hauptteilen (V.62-1055) die Erzählung von der
Weisheit, Schönheit und dem Reichtum von König Salomon und seiner Liebe zu,
Werbung um und Hochzeit mit des Pharaos Tochter dargeboten. Daraufhin wird im
mehr als das Zehnfache an Versen (V.1056-12719) umfassenden 3.Hauptteil das HL
ganz auf ältere Kommentare (v.a. Honorius Augustodunensis) zurückgreifend
allegorisch ausgelegt, mit engster Nähe zu Äußerungen der Mystik der
2.Hälfte des 13.Jhs. Bei Brun von Schönbeck ist für den uns interessierenden
Abschnitt bemerkenswert, wie er alle drei Beschreibungslieder des HL in eine der
mal. Rhetorik genügende Abfolge der personarum descriptio a corpore
einfließen lässt. Sowohl die Beschreibung des Mannes, wie auch die
Tanzbeschreibung der Frau wird mit dem ersten Frauenbeschreibungslied gemeinsam
in eine exakte Kopf-Fuß-Reihenfolge gebracht, um das im HL fehlende Ohr
ergänzt und zur emphatischen Beschreibung der Tochter Pharaos in einem
Liebesbrief Salomos an diese kombiniert (V.201-286), worauf die nicht an
ausgesprochene Körperteile gebundene Schönheitsmetaphorik des HL in einem
eigenständigen Katalog nachfolgt.
Zwar ist sowohl die HL-Umdichtung in den 'Historienbibeln' wie
auch die angesprochene Passage in Bruns von Schönbeck 'Hohem Lied' nicht
völlig profan, frei von aller allegorischen, mariologischen Deutung zu sehen,
die Grenzen verschwimmen hier jedoch. Die Wurzeln des Minnesangs liegen
selbstverständlich auch über 100 Jahre früher als die Fixierung der
Entstehung der beiden besprochenen Umdichtungen - wobei die HL-'Minnelieder'
durchaus in der ersten Hälfte des 13.Jhs entstanden sein und erst später in
die 'Historienbibeln' Aufnahme gefunden haben können -; es sollte nur gezeigt
werden, dass eine ins Profane weisende Nutzung der Beschreibungslieder des HL,
freie Verfügbarkeit der Bildersprache, auch im volkssprachigen HL-Schrifttum
durchaus vorhanden war.
Als drittes Indiz für den möglichen Einfluss der
Körperbeschreibungen wie auch anderer Bilder, Situationen etc. des HL auf die
mhd. Lyrik ist dessen Nutzung in der profanen lat. Lyrik des MAs, deren Einfluss
auf die Minnelyrik unbestritten ist, zu nennen. Hier liegt noch vieles im
Dunkeln. Obwohl auf die Bukolik der mlat. Lyrik verschiedenste Einflüsse
eingewirkt haben mögen, ist eine der Wurzeln mit Sicherheit im HL zu sehen;
neben Ovid dürfte das HL mit seinen expliziten, unverhüllten Hirten-, Ritter-
und Königstravestien hier die stärkste Wirkung gehabt haben. Das gleiche gilt
für die Farb- und Blumensymbolik, Ovid und HL vereint als Hauptbildspender.
Für die Körperbeschreibungen und Naturschilderungen ist sicherlich wiederum
eine der Wurzeln das HL. Ob im einzelnen die mal. Rhetorik, die Orientierung an
Ovid, Horaz, Vergil und anderen antiken Autoren oder eben das HL bei der personarum
descriptio a corpore in der mlat. Lyrik im Vordergrund stand, und inwieweit
gar das HL auf die mal. Rhetorik eingewirkt hat, lässt sich nicht mehr mit
Sicherheit feststellen.
Neben den drei Indizien für den indirekten, d.h. vermittelten Einfluss
des HL auf die mhd. Minnelyrik mag selbstverständlich auch die Lektüre des HL
den einen oder anderen Lyriker direkt zur Übernahme von Mustern angeregt haben.
Wie ja auch ganz generell der Körperschönheitspreis des HL auf die
Schönheitsvorstellungen des MAs eine herausragende Rolle ausübte; "Le Cantique
des Cantiques a éte un des livres favoris des mystiques médiévaux; or,
par ses descriptions répétées de la beauté de l'Épouse et de l'Époux il
pouvait une des sources les plus remarquables de l'Estétique médievale."
Anmerkungen
[Die folgenden Anmerkungen werden in Kürze dem Text
zugeordnet!]
Vgl. z.B. die palästinischen, persischen und
ägyptischen Beispiele in: Rudolph (1962) S.103f; Gerleman (1965) S.65-72;
Ringgren (1981) S.271.
Eine problematische, rigoristische Herleitung aus
dem babylonischen Ister-Tammuzkreis legte Schmökel (1956) vor; die
nachgewiesenen Parallelen sind im einzelnen höchst interessant, der Versuch
einer Neuordnung des Textes nach dramatischen Gesichtspunkten (S.45-47) wurde
meines Wissens von der Forschung nicht übernommen.
Vgl. auch zur gesamten Metaphorik der
Körperbeschreibungen im HL, deren Herkunft und Parallelen stets: Keel (1984),
mit reichem Bildmaterial im Anhang.
Aus der Masse der theologischen HL-Kommentare
wurden von mir intensiv herangezogen: Ringgren (1981) S.253-290; Gerleman (1965)
S.41-235; Rudolph (1962) S.73-186; Müller (1992).
Zur christlich-abendländischen Tradition bis um
1200 grundlegend: Ohly (1958); de Bruyne (1946) Bd.3, S.30ff.
Vgl. Opitz (1638) S.7-34; Herder (1776) S.628:
"Künstlichere Allegorien, Geheimniße und Drama's, oder gar Liebesränke
und verflochtne Neid= und Bulergeschichte aus dem Harem finde darinn, wer wolle;
ich finde sie nicht!"
Fast alle Kommentatoren stimmen in den
Untergliederungen in Abschnitte oder kürzere Einzellieder aus metrisch-formalen
und inhaltlichen Überlegungen überein; vgl schon: Herder (1776).
Ringgren (1981) S.255f.
Siehe zum folgenden den HL-'Frühlingszyklus' im
Text-Anhang (34.) S.96ff.
Das Beschreibungslied mit zumeist erotischem
Inhalt (arab. wasf) hat in der altarabischen Poesie eine lange und große
Tradition. Es ist als Gedichtgattung im vorderasiatischen Raum von den Ägyptern
geprägt worden. Vgl. Gerleman (1965) S.65 zu den "drei Gedichten in 4.1-7,
5.10-16 und 7.2-10, die sich formell und inhaltlich in eine gemeinsame Gruppe
einordnen lassen und sich von der Umgebung sehr deutlich abheben."
Keel (1984) S.12.
Ebenda S.13.
Vgl. Rudolph (1962) S.105.
Interessant ist die Anmerkung Müllers (1992)
S.42 zu den von ihm ausgeschiedenen Vv. HL 4,5b/6 die mit den nur noch entfernt
erotisch konnotierten Bildern des 'Myrrhenbergs' und 'Weihrauchhügels' spielen:
"Die Verse 5b und 6, nämlich [...] sind offenbar als Ersatz des
Beschreibungsliedes eingetreten, der später das Schamgefühl verletzte und der
allegorischen Deutung widerstand. V.5b, der nur auf den Mann passt, ist aus
2,16b, V.6a aus 2,17a herübergenommen. V.6b lenkt notdürftig zur Motivik des
Beschreibungsliedes zurück. - Dagegen war in Hl. 7,1-7 eine entsprechende
Eliminierung von V.2f. nicht möglich, ohne dass das Ganze zerstört
würde."
Vgl. Gerleman (1965) S.68ff; Ringgren (1981)
S.279.
Vgl. zum Gebrauch des Wortes 'schön' im Alten
Testament in bezug auf das menschliche Aussehen: Gerleman (1965) S.74f.
Vgl. Sawicki (1932) S.76f zu Gottfried von
Straßburg, was sich jedoch verallgemeinern lässt: "Schönheit als
Hauptzug kommt vor allem den Frauen zu; bei Männern wird sie nur insofern
berücksichtigt, als es nötig ist eine besondere Beliebtheit oder den Schmerz
über einen Tod dadurch handgreiflich a priori zu motivieren." Sawicki
verweist dabei in Anm.19 auf Matthäus von Vendôme, 'Ars.vers.' I.67.
Vgl. zum Natureingang: Wulffen (1963); zum locus
amoenus: Thoss (1972), hier mit Herleitung der descriptio loci aus
der mal.Rhetorik, den Artes poeticae.
Bis auf den Davidsturm - Keel (1984) S.38
schlägt als dynamische Übersetzung von HL 4,4a vor: "Unzugänglich wie
der Davidsturm ist deine stolze Haltung." (man vergleiche die mhd.
Minneburg-Vorstellung!) - sind alle Metaphern und Bilder der
Beschreibungspassagen mit kulturgeschichtlichen Parallelen zu belegen. Vgl.
v.a.: Keel (1984). Aber auch: Ringgren (1981) S.272, 278f u.282-285; Gerleman
(1965) S.145-153, 171-178 u.195-200.
Vgl. Gerleman (1965) S.66f, der neben diesem
vorherrschenden Prinzip bei kleineren Abweichungen hiervon in den beiden anderen
langen Folgen HL 5,10ff und HL 7,2ff ein konkurrierendes Prinzip nach der
Zusammengehörigkeit der Vergleichsobjekte feststellt.
So verfahren z.B.: Rudolph (1962) S.145:
"Wir haben hier ohne Zweifel eine Zutat"; Ringgren (1981) S.272:
"So wie er [der Vers HL 4,6] hier steht, zerbricht er den Zusammenhang der
Beschreibung."
Gerleman (1965) S.150; Gerleman bemerkt zwar
richtig, dass sich im HL das Sinnlich-Individuelle verflüchtige und durch den
Gebrauch von Topoi eine realitätsferne Ebene des Aussprechens erreicht werde,
dies kann aber wohl nicht zu dem falschen Schluss verwandt werden, die Topoi
seien nicht mehr auflösbar, quasi in die Sprache der Realität übersetzbar.
Ringgren (1981) S.272.
Vgl. Gerleman (1965) S.68ff.
S.o. Anm.49 zur Eliminierung dieser Vv. durch
Müller (1992).
Mythisch-kultische Deutungen des Hinabsteigens in
Gärten als Abstieg des Gottes in das Totenreich überinterpretieren m.E. diese
Stelle. Dass Garten und Brautgemach gleichzusetzen sind und eine
Hochzeitssymbolik vorliegt, vgl. Ringgren (1981) S.279, überzeugt nicht
vollständig. Rudolph (1962) S.161 zeigt, dass die Schwierigkeit v.a. durch HL
6,1 (die von mir ausgeschiedene Frage) auftaucht: "Stünde V.2 für sich,
würde man den Garten ohne weiteres im Sinn von 4,12ff [als jungfräuliche
Geliebte] verstehen." Rudolf spricht weiter von "reizende[m]
Doppelsinn", von "bewusst zweideutig" in bezug auf die Lilien.
Vgl. Keel (1984) S.77: "Der Garten, zu dem
der Geliebte nach 6,2 hinabgegangen ist, symbolisiert [...] die Geliebte."
Und weiter: "Da der Lotus [die Lilie] die frische Lebenslust symbolisiert,
die Lippen ;(5,13), Brüste ;(4,5), und Schoß ;(7,3) schenken, ist die
Bedeutung des Pflückens (6,2), bzw. Abweidens des Lotus (6,3;2,16[;4,5]) ganz
durchsichtig. Es ist nichts anderes als das Pflücken der Brüste-Trauben in Hld
8,9." Die Nähe zum mhd. bluomen brechen ist unübersehbar!
So Gerleman (1965) S.192.
Rudolph (1962) S.166; er bringt eine völlig
andere Textherstellung und damit auch völlig abweichende Übersetzung.
Gerlemann (1965) S.193; er läßt das folgende
Beschreibungslied erst mit HL 7,2 beginnen, (ebenda S.195).
Vgl. die entsprechende Beobachtung von: Ringgren
(1981) S.284: "Die Beschreibung selbst beginnt mit den Füßen;, offenbar
weil ihr Tanz die Aufmerksamkeit auf sie lenkt, und geht dann weiter
körperaufwärts."
Auf die von allen Kommentatoren beschworene Nähe
zu palästinischen Hochzeitsbräuchen - die Braut als Königin, der Bäutigam
als König, Tanzeinlage etc. - die im HL ständig durchscheint, sei hier
abrundend hingewiesen.
Vgl. oben Anm.2 die zu MF 3,1 'Dû bist mîn, ich
bin dîn' gemachten Bemerkungen; Müller (1992).
Vgl. hierzu die Gliederung des Textes wie auch
die auf rhythmisch-metrischen, motivlichen, dramatisch-strukturellen
Überlegungen beruhenden Kommentare zum HL in: Rudolph (1962); Gerleman (1965);
Ringgren (1981).
Auf Opitz (1638) und Herder (1776) als Stationen
der Rezeptionsgeschichte wurde schon oben hingewiesen. Auch Goethe hat sich
sowohl in seinen 'Noten und Abhandlungen zum Divan' mit dem "hohen Lied,
als dem Zartesten und Unnachahmlichsten, was uns von Ausdruck
leidenschaftlicher, anmuthiger Liebe zukommt" beschäftigt, vgl. Goethe
(1888) S.8; dies ist die Frucht einer langen Beschäftigung Goethes mit dem HL,
denn schon am 7.Oktober 1775 schreibt er an Johann Heinrich Merck: "Ich hab
das Hohelied Salomos übersetzt, welches ist die herrlichste Sammlung liebes
Lieder die Gott erschaffen hat." zit. nach: Goethe (1968) Bd.I, S.196,29f;
die Übertragung in: Goethe (1896) S.299-310.
Timm (1982) bringt neben der Nachdichtung aus der
'Historienbibel' des 14.Jhs (dazu siehe im Text-Anhang (36.) S.104ff) die
Übertragungen von Luther, Opitz, Goethe und aus neuerer Zeit von Manfred
Hausmann als Stationen einer fast siebenhundertjährigen Rezeptionsgeschichte.
Vgl. bis um 1200, unter Einschluß der lat./früh-mhd.
Paraphrase Willirams: Ohly (1958). Die sich durch das ganze MA hinziehende
Rezeption Willirams bis hin zu vollständigen Eindeutschungen und lat.
Rückübersetzungen in: Barthelmez (1967). Das 'St.Trudperter Hohe Lied', das
stärkste Wirkung auf die Mystik und Mariendichtung ausübte, ist ediert in:
Menhardt (1934) 2 Bde. Vgl. auch die von Ruh (1983) beschriebenen HL-Auslegungen
des 14.u.15.Jhs.
Vgl hierzu v.a.: Kesting (1965) v.a. S.30-39 u.
S.89-142; S.150: "Der Minnesang, vor allem Heinrich von Morungen, hat nicht
nur dem traditionellen Bilderschatz der Marienverehrung, sondern auch der erst
im 12.Jahrhundert voll aufblühenden mariologischen Hoheliedauslegung manches
Motiv entnommen, um es sich in verwandelter Form zu eigen zu machen."
Siehe im Text-Anhang (36.) S.104ff. Vgl. Gerhardt
(1983); Leschnitzer (1924).
Siehe im Text-Anhang (35.) S.101ff. Vgl. Wolff
(1978).
Gerhardt (1983) Sp.71.
'Historienbibeln' S.442.
Vgl. Herder (1778) S.558-587, mit vollständigem
Abdruck.
Interessant ist nebenbei, dass HL 2 und HL 4 in
engster Verbindung sowie alle Beschreibungslieder der Frau eine besonders starke
Auswertung in den HL-'Minneliedern' gefunden haben, die Beschreibung des Mannes
in HL 5,10ff jedoch nur einmal äußerst knapp aufgegriffen wird.
Siehe im Text-Anhang (35.) S.101.
Vgl. z.B. Brinkmann (1980) S.349-353.
Vgl. Brinkmann (1925) S.78; auf den
übermächtigen Einfluss Ovids, auf den Brinkmann zugleich hinweist, muss hier
nicht weiter eingegangen werden.
Vgl. Brinkmann (1925) S.88: "In
Preisgedichten war es schon seit Venantius Fortunatus üblich, auch der
Schönheit der Dame zu gedenken. Nur versuchte man kaum, eine wirkliche
Anschauung zu gewinnen. Man behalf sich mit traditionellen Bildern und Symbolen,
die man vielfach dem Hohen Lied entnahm."
Vgl. hierzu 'Carmina Burana', v.a. CB 67 und 156.
de Bruyne (1946) Bd.3, S.30.