Paracelsus

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Neuester Physiologus oder "Was tut der Salamander im Schilde Paracelsi" 

(nebst einigen cacophrastischen Sonetten)

getreulich aufgezeichnet nach alten
flegetanischen Schriften von Siegfried Carl

Ich bin ein Esel, der nun schon seit mehr als fünf Jahren den Theophrasendrescher auf seinem Rücken durch die Lande trägt, ich bin wirklich ein Esel, dass ich's tu. Aber so sind wir Esel nun mal, seit wir den Sohngott nach Jerusalem getragen haben. Und man nennt uns störrisch. Auch mein Aureolus gibt mir oft genug einen Reisig zu spüren; wobei er sagt, ich sei zum Dienen bestimmt, zum Schleppen - und zudem dumm. Ich lass es ihn dann spüren, und nicht immer fällt er so weich ins Moos wie hier im Schwarzwald; manchesmal schon wurde die Aureole beschädigt.

Besonders störend wirkt für unsereins die saudumme Bewaffnung, die unsre Kavaliere meinen, mit sich führen zu müssen. Der meine kommt sich vor wie Paulus, als er noch ein Saulus war und seine philippinischen Briefe mit dem Gottesliebegerede noch nicht verschickt hatte, und trägt ein riesiges Schwert bei sich, das er einem grauseligen spanischen Henkersknecht beim Würfeln abgeluchst hat. Besonders stört mich aber sein Schild. Er hat's - so behauptet er - von einem in Indien und dem Orient bewanderten heidnischen Alexandriner in Tausch gegen eine Geheimrezeptur zur Behandlung der französischen Krankheit erhalten. Mir ist ins Hinterteil fast ein zwiefaches Loch gebrannt, solch eine Hitze strahlt das Ding aus. In einem kleinen Gehäuse rast in ewigen Flammen - er nennts teils 'mein Fegefeuer' teils 'mein ewges Licht' - ein lebender Salamander herum, der sich von nichts sonst als der lodernden Glut ernährt. Gerade hier im Schwarzwald, wo er alle möglichen Quellen auf- und untersucht, hüpft das Biest wie wild herum und macht mich fertig. Das dauernde Gehopse schürt die Glut im Schild erst richtig und mir verbrennt's meinen Allerwertesten. Und wenn ich bocke, um mir's bequem zu machen, weil eine Stelle schon haarig zu sticken beginnt, macht die noch heile Seite wiederum schmerzhafte Bekanntschaften mit meinem Allergnädigsten.

Zumeist gebärdet er sich auf mir, als sei ich ein Araberhengst (wobei das mit dem Hengst schon stimmt, mir aber außer den schwarz verbrannten Stellen alles Arabische fremd ist). Und stolz erhobenen Hauptes klappern wir durch die kleinen Schwarzwaldkäffer. Da träum ich nur von Straßburg, Basel und Salzburg - so wundervolle Eselinnen wie in Salzburg gibt's sonst nirgends, ich könnt grad ins Schwärmen geraten. Mein Kavalier hält rein garnichst von Menschenstuten, da hat er irgend eine Abneigung - von wegen unrein, und dass der Mann besser allein zurecht käm, und hinterher kämen sie dann zu ihm, statt dass sie vorher die Wollust zügeln. Mich zügelt er auch immer (oder er versuchts wenigstens!).

A propos Salamanderschild: kürzlich hab ich ihn im Wildbad in einer Disputation mit einem Scholaren belauscht. Natürlich in ner Destille, die liebt mein Herr ganz besonders - und wenn's richtig brodelt ist auch das wilde Biest meist friedlich. Von einem Echtkuhnacht und einem scheuen Nachtulander - oder so ähnlich - war die Rede, die bis über beide Ohren verknallt waren und drum mit dem Schild gekämpft hätten, weil so die Liebe lodert. Und vom Makrokosmos und den vier Elementen haben sie's gehabt, und dass der Vulkan die Schlacke speit, wie der Salamander im Schild. 'Der Wolferam, oijoijoi, der hat's halt in sich ...' murmelte der Scholar stockbesoffen, wobei mir nichts Hochprozentiges mit diesem Namen bekannt ist. Dabei haben sie Salzhering verspeist - man denke nur, wo's doch im Schwarzwald so herrliche Forellen gibt. Und geprostet haben sie auf einen Physiologischen, der für die früheren beschränkten Köpfe grad recht gewesen wär. Denen hat man ja mit allem möglichen Brimborium imponieren müssen, damit sie Angst vorm Fegefeuer haben und fein glauben. Ja ja - und dann hat der Scholar meinen Herrn gefragt, ob er den Salamander braucht, um Gold zu alschmieren. Gelacht hat er blos und abgewunken: 'olle Kamellen'. Und ganz bombastisch hat er sich aufgebaut und gemeint, mehr wert als Gold wär's, dass der Salamander mit all dem Feuer ihm gezeigt hätt, dass nur die Hitze, nur das Feuer reinigt. Und nur das Reine wär's, das heilt. Und drum wär er ein Heiler.

Und im Wald schallt's lange noch:
"Salamander lebe hoch!".

(Sonette)

 

© Dr. Rüdiger Krüger, Rheda-Wiedenbrück 2006
Kontakt: mailto:siegfriedcarl@hotmail.com
letzte Änderung: 26.02.06

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